In sozialer Verantwortung – CGB!
Das Jahr 2023 – seit April offiziell Jahr 1 nach der Pandemie – bringt wegen der immer noch bestehenden Sorge um eine Ausweitung des Ukraine Kriegs und der Gefahr weiterer Konflikte – etwa in und um Taiwan – vieles, nur keine Aufbruchsstimmung. Dabei hatten wir uns gerade das gewünscht, sobald die Corona Pandemie endlich überwunden sein würde. Aber es zeigt sich mal wieder, dass die Einflüsse auf Deutschland und uns alle als Arbeitnehmer weit vielfältiger sind, als die Fokussierung auf Corona.
Dabei ist ein Teil der Wahrheit, dass es in der Pandemie gerade im Hinblick auf die Organisation der Arbeit – vor allem im Hinblick auf neue, digitale Arbeitsmethoden – einen enormen Schub gegeben hat. In vielen Bereichen sind wir weg von der Präsenz am Arbeitsplatz um der bloßen Präsenz willen hin zu mehr Effizienz und Ergebnisorientierung. Mobiles Arbeiten und die damit verbundene neue Freiheit der Selbstorganisation der Arbeit haben zwar eine Verbesserung der sogenannten „work-life-balance“ gebracht. Gleichzeitig verursacht diese Entwicklung aber auch neue soziale Probleme und wirft ein anderes Licht auf schon bekannte negative Elemente der mobilen Arbeit und der Heimarbeit. Ein massives Problem ist etwa die Erwartung an Beschäftigte, ständig erreichbar zu sein und zu jeder Zeit eine Arbeit erledigen zu können.
Für uns als christliche Gewerkschafter steht der Mensch im Mittelpunkt! Wegen unserer wertebasierten Ausrichtung legen wir einen wesentlichen Schwerpunkt auf die Balance zwischen Arbeits- und Privatleben. Die Einhaltung der arbeits-/tarifvertraglich geregelten täglichen Arbeitszeit und der Regelungen des Arbeitszeitgesetzes müssen auch im Bereich der mobilen Arbeit/Heimarbeit gewährleistet sein!
Unsere Arbeitswelt, unsere Werte und unsere Vorstellungen, wie unser gesamtes Leben und unsere Gesellschaft in Zukunft gestaltet werden sollen, waren noch nie von sich so schnell ändernden Bedingungen und Voraussetzungen geprägt wie in den vergangenen drei Jahren. Der Wunsch nach Veränderung und progressiver Entwicklung, der Schritt in ein neues digitales Zeitalter, das in seinen Auswirkungen mit der industriellen Revolution vergleichbar ist, bricht gewohnte gesellschaftliche und arbeitsmarktpolitische Strukturen auf.
Verstärkt wird der Wandel durch den inzwischen bereits mehr als ein Jahr andauernden Krieg in der Ukraine, der uns bewusst macht, dass die viel umworbene Globalisierung im Konfliktfall auf sehr dünnem Eis steht. Gestörte Lieferketten, steigende Energiepreise und damit verbunden eine Inflation, die in diesem Ausmaß vorher kaum vorstellbar war, zeigen auf, dass wir uns wieder mehr um inländische Produktion und inländische Lösungen kümmern müssen, ohne uns abzuschotten. Dies ist eine Herausforderung, der wir uns als christliche Gewerkschafter insbesondere stellen müssen, da sie den Arbeitsmarkt verändern wird.
Aktuell erleben wir in Deutschland Arbeitskämpfe, die in ihrer Vehemenz fast schon in Vergessenheit geraten waren. Und wie immer, wenn es um Arbeitskämpfe geht, werden Stimmen von Arbeitgebern laut, dass die Apokalypse drohe. Von französischen Verhältnissen (was immer das sein mag) ist die Rede, weswegen das Streikrecht eingeschränkt werden müsse. Schon gar nicht dürfe der Verkehr oder die Daseinsvorsorge betroffen sein. Dem steht eine lange nicht mehr dagewesene Steigerung der Lebenshaltungskosten gegenüber, die alle Menschen spüren – vor allem diejenigen, die in geringer vergüteten Berufen arbeiten. Diesem Einschnitt in den Lebensstandard kann nur mit einer Steigerung der Einkommen begegnet werden. Diese Erkenntnis ist Teil der sozialen Verantwortung der Arbeitgeber!
Tatsächlich zählt man in Deutschland noch nicht einmal ein Drittel der französischen Streiktage, und von brennenden Barrikaden kann jedenfalls bei Arbeitskämpfen auch keine Rede sein. Dass ein Streik Unannehmlichkeiten mit sich bringt und auch wirtschaftlichen Schaden anrichtet, liegt in der Natur der Sache, sonst wäre dieses Mittel auch völlig sinnentleert.
Wir christliche Gewerkschafter stehen selbstverständlich zum Streikrecht und unterstützen alle Kollegen im Arbeitskampf. Wir stehen aber auch für Augenmaß. Wir wollen nicht, dass durch übertriebene Maßnahmen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Im Sinne des sozialpartnerschaftlichen Miteinanders muss ein Streik immer ultima ratio sein und darf nicht inflationär verwendet werden. Wir wollen unsere Grundwerte der christlichen Sozialethik, Eigenverantwortung, Solidarität, Toleranz, Respekt im Umgang miteinander, Humanität und Stärkung des Gemeinwohls auch im Rahmen der Arbeitskämpfe einbringen. Wir wollen Konflikte durch Gespräche und Verhandlungen lösen und nicht Konflikte über Statements in Medien austragen! Das ist ein wesentlicher Teil der sozialen Verantwortung, für die wir stehen und arbeiten.
Damit einher geht die permanent steigende Gefahr, nach der aktiven Erwerbsarbeit in Altersarmut zu leben. Das System der Riester Rente erweist sich zunehmend mehr als Modell für die positive Ertragslage der Versicherer als ein vernünftiges Modell zur Erhaltung des Lebensstandards. Andere Zusatzversorgungssysteme leiden seit Jahren an den niedrigen Zinsen, was das Niveau nach unten drückt. Insofern ist die staatliche Rente nach wie vor das einzige richtige Modell der Altersvorsorge. Wir werden dafür einstehen, dass das System nicht weiter ausgehöhlt, sondern gestärkt wird. In einem wirtschaftlich starken Land wie Deutschland muss es möglich sein, mit allen gesellschaftlichen Kräften einen Weg zu finden, mit dem Altersarmut verhindert werden kann.
Wir standen als christliche Gewerkschaften immer schon für Mitarbeiterbeteiligungsformen an Unternehmensgewinnen, um den Lebensstandard im Ruhestand besser finanziell absichern zu können. Auch in Zeiten des zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangels sind unsere Forderungen höchstaktuell, denn die Auswirkungen des Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels werden sich auch auf die Finanzierung der Renten auswirken. Die aktuell diskutierte Einführung der Vier-Tage-Woche, übrigens eine Forderung, die wir schon vor sehr langer Zeit erhoben hatten, vermag möglicherweise eine Zeit lang den Mangel an Arbeitskräften zu kaschieren und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, das eigentliche Problem wird sie aber langfristig nicht lösen können.
Diesen Weg der sozialen Verantwortung und des sozialen Diskurses gehen wir christliche Gewerkschafter schon seit mehr als einhundert Jahren. Wir werden diesen Weg auch in Zukunft weiter gehen und gestalten, weil wir überzeugt sind, dass es richtig ist, soziale Verantwortung nicht nur in Sonntagsreden zu proklamieren, sondern zu übernehmen.
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